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FREIE TURNER
BRAUNSCHWEIG

Zachary Shiposh: Vom Spielfeld in den Seminarraum – Was eine Trainerlizenz wirklich lehrt

Zwei Wochen, 14 Tage Vollgas mit dem Ziel UEFA-B-Lizenz. Für Zachary Shiposh, unseren neuen U19-Coach, war die Ausbildung alles andere als ein formaler Schritt. Sie wurde zur Etappe seiner persönlichen Weiterentwicklung. Dabei war es nicht der Fachinhalt, der ihn forderte. „Vieles war mir durch die Praxis vertraut. Aber die Intensität des Kompaktkurses war enorm. Jeden Tag neue Inhalte, neue Impulse. Das geht an die Substanz.“

Shiposh hatte die Lizenz eigentlich schon 2020 zusammen mit Gian Luca Renner begonnen, doch dann kam die Pandemie dazwischen. „Es war ein gutes Gefühl, das Kapitel jetzt endlich abschließen zu können. Ein bisschen wie ein Kreis, der sich schließt.“

Einer der bleibendsten Eindrücke stammt nicht aus einer Taktikfolie, sondern aus einem kurzen Satz: „What’s Important Now?“ Ursprünglich im Kontext von Scouting und Talentidentifikation verwendet, hat Shiposh diesen Gedanken für sich weitergedacht.
„Ich nutze das heute täglich als Werkzeug, um mich neu zu sortieren. Gerade im hektischen Traineralltag hilft es mir, Prioritäten zu setzen: Was ist gerade wirklich wichtig? Was lenkt nur ab? Das ist simpel, aber für mich extrem wirkungsvoll.“

Neben Fachwissen war es vor allem diese Art der Selbstreflexion, die den größten Effekt hatte. Shiposh filmt Trainingseinheiten, beobachtet sich selbst, analysiert Ansprache, Struktur und Körpersprache. „Du hast nicht ständig jemanden neben dir, der dich coacht, also musst du lernen, dich selbst zu coachen.“

Inhaltlich hat ihn besonders die Feedback-Kultur beeindruckt. Oder besser gesagt die Klarheit. „In den USA wird Feedback oft sehr weich formuliert. Das klingt nett, bringt dich aber nicht immer weiter. Die Direktheit der deutschen Ausbilder war manchmal hart, aber extrem hilfreich. Ich habe in den letzten Monaten mehr gelernt als in manchem ganzen Jahr zuvor.“

Ein Coaching-Ansatz, den er aus der Ausbildung mitgenommen hat? Nicht im klassischen Sinne. „Meine Philosophie hat sich über die Jahre entwickelt. Durch Gespräche, Fehler, Erfolge. Ich glaube daran, dass Spieler Leistung bringen, wenn sie sich wohlfühlen, ernst genommen werden und wissen, woran sie sind.“

Dabei verfolgt Shiposh keinen autoritären Stil, sondern klare Kommunikation mit Raum für Entwicklung. „Ich bin kein Schreihals. Aber ich sage klar, was ich erwarte. Wer mehr will, wird mehr gefordert. Wer aus Spaß spielt, bekommt genauso Struktur – solange er das Team mitträgt.“

Seine internationale Perspektive schimmert oft durch, besonders im Umgang mit Sprache. „Manchmal fehlen mir die deutschen Fachbegriffe. Also erkläre ich Dinge auf Englisch oder mische beides. Das sorgt nicht nur für Abwechslung, sondern bringt die Jungs auch zum Mitdenken.“

Auch gesellschaftlich hat ihn der Vergleich geprägt: „In den USA ist Fußball oft ein Sport für Wohlhabende – Pay-to-Play ist dort die Regel. In Deutschland hat jeder eine faire Chance. Das verändert den Zugang, das Mindset, die Motivation. Und es macht Jugendfußball hier viel demokratischer.“

Am Ende geht es für Zach Shiposh nicht nur darum, Spiele zu gewinnen. Sondern darum, Spieler zu formen. Fußballerisch, aber auch menschlich. Und genau das war auch Ziel der Ausbildung: Tools zu bekommen, um nicht nur besser zu trainieren, sondern besser zu führen.

Sein Vorbild? Jeder, der Standards vorlebt und den Menschen hinter dem Spieler sieht. So wie seine früheren Coaches Ramazan Yildirim oder Timo Kleiner. „Ich war selbst oft ein verkopfter Spieler mit Selbstzweifeln. Ich weiß, wie wichtig es ist, sich gesehen zu fühlen.“